1914.
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U^ of Cbica^o
ICibraries
GIFT OF
GESELLSCHAFT FOR PALASTINA-FORSCHUNG
5. VerSffentlichunq
BERICHT UBER EINE
REiSE IN SYRIEN
UNO PALASTINA
VON
E. BRANDENBURG
u
BERLIN
S, CALVARY & CO.
1914.
Nachdruck nur mit Genehmigung des Verfassers gestattet.
1166390
Vorwort.
Zweck der Reise, die ich in. den Monaten Mai und Juni
1913 unternahm, war, in Syrien und Palastina befindliche Grotten
und Felsbearbeitungen zu besichtigen und zu untersuchen, ob
sich Beziehungen zu ahnlichen, besonders in Hinsicht auf Kult,
in Anatolien, d. h. dem Hauptzentrum hettitischen Einflusses,
konstatieren liefien; mit anderen Worten: ob letzterer sich bis
nach Syrien hinein erstreckt hat. Ich glaube, wie sich aus Fol-
gendem ergeben wird, diese Frage im bejahenden Sinne gelost
zu haben, wenn es sich vorlaufig auch nur um eine Vorunter-
suchung handelte. Weitere, umfangreichere Arbeiten wiirden
die Resultate naturlich noch sicherer basieren und diese recht
interessanten, aber teilweise noch dunklen Probleme heller
beleuchten. Da die historischen Quellen uns iiber dies Gebiet,
namlich der religiosen Anschauungen und des aus ihnen ent-
standenen Kultes, fast noch gar keine Aufklarung geben, so sind
wir in dieser Beziehung hauptsachlich auf die ,,Felsarchitektur"
und die Feststellung und Vergleichung ihrer Formen angewiesen,
denn Grotten, Heiligtiimer, Altare usw. aus dem lebenden
Pels gearbeitet, dem relativ unverganglichsten Material, sind oft
sicherere Zeugen einer fernen Vergangenheit, als gebaute, ver-
wiistetete und wiederaufgebaute Stadte; sie konnten natiirlicher
und menschlicher Zerstorung besser widerstehen und zogen nicht
die Aufmerksamkeit der Plunderer und Eroberer auf sich. Darin
liegt der grofie, oft noch nicht geniigend anerkannte archao-
logische Wert der Felsarchitektur. 1 )
Zuerst besuchte ich den Berg Karmel bei Haifa, wo ich
aber wenig Diesbezugliches fand; dann den See Genezareth,
besonders dessen ostliches Ufer. Ferner den Djebel Adschlun,
1) Eine zusammenfassende Arbeit iiber dieselbe wird demnachst in den
MVAG. erscheinen. Vgl. auch OLZ. Januar 1914.
Ill
ein von tiefen Schluchten durchschnittenes Hochplateau, das
zwischen dem Jordan und Hauran liegt. Dort speziell gelang
es mir einige interessante Funde zu machen. Leider konnte
ich nicht in den Hauran, da mir von gut informierter Seite
dringend davon abgeraten wurde, denn die Verhaltnisse waren
momentan zu unsicher. Ebenso mufite ich wegen Schwierig-
keiten, die die dortigen Behorden machen, von der Untersuchung
der ,,unterirdischen Stadt" unter dem heutigen Derat abstehen.
Der zweite Teil der Reise gait Jerusalem und seiner Umgebung.
Aufier einigen Funden dort, bin ich nach Besichtigung der
grofien Graber (sog. Konigsgraber u. a.) zu neuen Schlussen
iiber diese gelangt, namlich, wie hier schon im Voraus bemerkt
sei, dafi sie urspriinglich keine Graber, sondern Kultstatten
waren.
In erster Linie bin ich dem Wissenschaftlichen Komitee der
Gesellschaft fiir Palastinaforschung fiir die freundlichst gewahrte
pekuniare Forderung der Reise zu aufrichtigem Dank verpflichtet,
aufierdem noch besonders Herrn Baurat Dr. Schuhmacher in
Haifa, der mich in liebenswiirdigster Weise sowohl durch Hin-
weis auf Orte, an denen etwas zu finden ware, als auch durch
seine bewahrte praktische Kenntnis der dortigen Verhaltnisse
als wohl bester Kenner des Landes, unterstiitzte. In Jerusalem
habe ich den freundlichen Monchen der Dormitio, speziell Pater
Heinrich, dem Vorstand des Klostermuseums, zu danken.
Florenz, Februar 1914.
E. Brandenburg.
IV
Einleitung.
Bevor wir zur Beschreibung der Funde iibergehen, miissen
wir uns die Frage stellen, ob wir Nachrichten fiber Hettiter
und ihren Einflufi x ) in Syrien und weiter sfidlich haben, so dafi
wir letzterem auch, abgesehen von der Vergleichung mit ahn-
lichen Objekten im eigentlichen Hettiterland, Kleinasien, die Ent-
stehung der Kultgrotten usw. zuschreiben konnen. Ich iibergehe
die bekannten Daten aus der agyptischen Geschichte, wie z. B.
die haufige Erwahnung der Stadt Kadesch, sowie die Funde in
Sendjirli, Marasch und Jerabis, durch die wir wissen, dafi ein
Teil dieses Volkes in Nordsyrien wohnte, und mochte nur kurz
einige nicht so allgemein bekannte Fakten erwahnen. Da ware
zuerst der interessante Artikel von Grimme fiber den Namen Jeru-
salem (in OLZ. 1913, April, S. 152 157) zu nennen. Als nicht-
semitisch erklart G. eine Reihe von Namen von Kustenstadten,
ferner als hettitisch, den Namen Jerusalem selbst. Ober das
1. c. S. 156 erwahnte Siegel wird noch spater gehandelt werden.
Der Name des Besitzers des Berges Zion (um 1000 c.) Arawna ist
nach G. hettitisch und ebenso waren die Jebusiter, denen David
Jerusalem abnahm, ein hettitischer Stamm. Um 1400 c. hiefi
der Konig von , Jerusalem Abd-Chipa, welcher Name hettitisch
ist (Ed. Meyer, Gesch. d. Altert., II. Aufl., S. 599). Ed. Meyer
schreibt (1. c. S. 605): . . . so scheint sakrale Prostitution (in
Syrien) und ebenso die Selbstentmannung im Dienste einer
grofien Naturgottin von Kleinasien ausgegangen zu sein."
Ferner ist der Gott Ate in Syrien mit dem kleinasiatischen Attis
identisch, und im 16. Jahrh. ist Syrien und Palastina voll
von kleinen Furstentumern, deren Dynasten teils kleinasiatisch
1) Der Begriff Hettiter ist im folgenden stets nur als kulturelle, nicht
etwa als politische und ethnologische Einheit aufgefafit und gebraucht, da wir
iiber letzteren Punkt noch durchaus kein sicheres Urteil haben konnen.
V
sind (1. c.). *) Endlich finden sich in der Bibel verschiedene
Stellen, die hettitischen EinfluB bis nach Siidpalastina bezeugen:
Moses I, Kap. 23, 4 nennt sich Abraham ,,Fremder und Ein-
wohner bei euch (den Hettitern)". 1. c. Vers 7 und 12 beugt
er sich ,,vor dem Volk des Landes, vor den Kindern der Hettiter".
Auch sind noch zur Zeit Salomos und Jorams Hettiter in
Palastina bekannt; Konige I, 10, 29 wird von ,,allen Konigen
der Hettiter" geredet; ebenso Konige II, 7, 6. Sam. II, 11, 3
wird der Hettiter Uria erwahnt. Hesekiel 16, 3 nennt die
,,Mutter" Jerusalems eine Hettiterin. Uber zwei andere wichtige
Stellen bei Hesekiel wird weiter unten gehandelt werden.
Durch diese Quellen ist das Vorhandensein von Hettitern
in Syrien und Palastina, und folglich ein kultureller Zusammen-
hang mit Kleinasien, ihrem Stammland, hinlanglich im 2. Jahr-
tausend bezeugt. Wenn wir nun in beiden Gebieten Kultobjekte
finden, die gleichen Grundcharakter 2 ) aufweisen, so konnen wir
den sichern Schlufi ziehen, dafi die in Syrien befindlichen unter
hettitischem EinfluB entstanden sind. Allerdings kann, solange
wir noch keine sichere hettitische Geschichte haben, die Frage,
welches die altere, beeinflussendere Gruppe war, nicht vollig
sicher gelost werden. Doch ist eher anzunehmen, daS Klein-
asien Syrien beeinflufite, da es sich in der Hauptsache um den
Kult der Magna Mater, der Erdgottin, handelt, als deren Heimat
Anatolien anzusehen ist. Trotzdem ist es nicht ausgeschlossen,
dafi auch einige Elemente, analog gewissen Kunstformen ich
erinnere z. B. an den Sphinxtyp den umgekehrten Weg
gemacht haben.
1) Vgl. auch Jeremias, Kanaan, II. Heft d. Ges. f . Palast.-Forschung.
'2) Es handelt sich nur in wenigen Fallen um eine bis ins kleinste Detail
gehende, sit venia verbo, ,,w6rtliche" Obereinstimmung', weit mehr um
Gleichheit der Haupt- und Grundlinien der Anlagen. Erstere ist sehr selten
zu konstatieren. Selbst in Petra, das viel homogener und einheitlicher als
unsef Gebiet ist, findet man sie nicht unter den Hunderten von Heiligtumern.
Sagt doch Dalman (Petra und seine Felsheiligtumer, 1908, S. 68) : ,,Allgemein
giiltige Vorschriften fur die Herrichtung der Heiligtiimer kann es^nicht gegeben
haben, denn nicht zwei sind darin gleich . . . Das gottesdienstliche Bedurfnis
scheint das einzige gewesen zu sein, was feststand." Wir werden im fol-
genden haufig Petra zum Vergleich heranziehen, da es geradezu eine ,,Muster-
karte" sakraler Felsarchitektur ist. Ich vermute auch bis dorthin Spuren von
hettitischem Einflufi. (Vgl. meinen diesbeziigl. Artikel in Z. f. E., 1912, I,
S.28ff.)
VI
Kapitel I.
Kultgrotten.
Gehen wir jetzt zur Beschreibung und Erorterung der Funde
selbst iiber und beginnen wir mit Grotten, die kiinstlich aus
dem Felseri gearbeitet sind und allem Anschein nach zu Kult-
zwecken gedient haben. Ich fand einige imWadiHamam beim
See Genezareth (vgl. Fig. 1). Es beginnt hinter der Alluvial-
ebene, in der Magdala liegt, und ist von steilen Felsen ein-
gefafit; in seiner Mitte
flieSt ein Bach, der sein
Wasser aus einer Quelle
erhalt. An den beiden stei-
len Felsseiten des Tals,
vor denen grofie und muh-
sam zu erkletternde Schutt-
halden liegen, befinden
sich, meistens ziemlich
hoch gelegen, zahlreiche
Grotten. Die an der Siid-
seite des Tals sind in
. = Orol-ren.
Fig. 1.
die senkredite Wand ge-
arbeitet und noch durch
aus dem Mittelalter stam-
mende Mauern x ) besonders befestigt und verstarkt. Sie sollen
friiher ein beriichtigtes Raubernest gewesen sein, das, ge-
niigend verproviantiert, unter den damaligen Verhaltnissen
tatsachlich uneinnehmbar gewesen sein mufi. Dicht unterhalb
dieser Befestigungen ist eine kleine Grotte (Fig. 2) mit kreis-
1) Dort ist auch ein Relief mit zwei Lowen eingemauert, das einer
spateren Zeit, soviel ich sehen konnte, anzugehoren scheint. Eine photo-
graphische Aufnahme war wegen des ungunstigen Standpunktes nicht moglidi.
formigem Grundrifi (a), ca. 1,60 m im Durchmesser. Nidit
genau in der Mittelachse, sondern mehr links am Boden
die kleine Nische b, mit erhohtem Rand ausgearbeitet (15 cm
breit, 17 hoch und 11 tief, vgl. auch mit Petra S. 243f., 181).
Vor dem Eingang der Kammer ist der Pels leisten- resp.
stufenformig bearbeitet (c, c); links vom Eingang zu a ist eine
100 cm hohe, 80 breite und 40 tiefe Nische e; rechts davon
eine trapezformige d, die 80 cm hoch, 40 tief, unten 60 und
oben 33 breit ist. In der Mitte des Bodens von d befindet
Fig. 2.
sich ein kleines, tiefes Loch, das naturlich zu sein scheint; mog-
lich, dafi man die Nische unter absichtlicher Benutzung des
Loches dort ausgearbeitet hat (d ahnlich wie Petra, S. 206 f.,
129). Da die Kammer viel zu klein und niedrig (kaum 150 cm
hoch) zum Bewohnen, und auch bei den Nischen kein praktischer
Zweck ersichtbar ist, 1 ) aufierdem Parallelen zu Kultobjekten
1) Ich kann an dieser Stelle nicht noch einmal meine ganze Nischentheorie
umstandlich wiederholen, sondern verweise deshalb nur auf S. Ill Anm. 1, sowie
auf meine diesbeziiglichen Arbeiten in OLZ. 1909, April, S. 150ff. ; Rev. des Relig.
1909, Vestig. anc. cultes en Phrygie; R. E. E. S. 1909, Ital. Untersuchungen usw.
a.
vorhanden sind, so kann man wohl die ganze Anlage in diese
Kategorie einreihen. Bei meiner Riickkehr nach Haifa sagte
mir Dr. Auerbach dort, dafi er auf der groBen Schutthalde einen
Stein mit Napflochern gesehen habe, der mir entgangen ist.
Auch dieses wiirde fur die Annahme einer Kultstatte passen.
Aufierdem befindet sich links iiber dem Gemauer noch eine
grofiere offene Grotte (Fig. 3), deren Boden wegen der Fels-
struktur nicht ganz horizontal ist. An ihrem Boden ist in der
Mitte eine Nische von ca. 80 cm Hohe und 60 Breite (Fig. 3, a)
angebracht. Genaue Mafie aufzunehmen, war nicht moglich, da
sie heute wohl wegen Verwitterung und Abbrockeln des Fjelsens
nicht mehr zuganglich ist. Genau dieselbe Nische am |$oden
einer Grotte finden wir nun in Anatolien in Kirkin (vgl. Z. f. E.
1908 III, S. 386, Fig. 8 a). An
der linken Seitenwand sind noch
zwei kleinere Nischen (Fig. 3, L b.
b, b) von ca. 30 cm im Quadrat
angebracht. Auch ist noch neben
der zuerst beschriebenen Grotte
(Fig. 2) eine solche mit zwei
Nischen, bei denen aber ein Fig . 3 . Grotte im Wadi H amam.
praktischer Zweck nicht ab- ;
solut ausgeschlossen ist, und die wir deshalb iibergehen konnen.
Aufierdem machte ich noch eine ungefahre Aufnahme der
alten Kaleh Tell Hattin (vgl. Fig. 1), die am obereni Ende
des Wadi Hamam liegt. Sie ist vom Wadi, das ich zu-Pferd
besuchte, nicht so bequem zu erreichen, als per Wagen resp.
das letzte Stuck zu FuB von der grofien Strafie Tiberias Gene-
zareth aus. Sie zerfallt in ein hoheres und kleineres Plateau,
wohl die eigentliche Festung und einen grofieren Vorhof. Bei
beiden sind noch Reste zyklopischer Mauern zu erkennen; ferner
einige Zisternen. Wir konnen sie iibergehen, da ich dort nichts
fur meine Spezialinteressen fand. Nur so viel sei hier bemerkt,
dafi sie, wie auch die Kalehs in Anatolien, strategisch angelegt
ist (vgl. BA. S. 662 ff.), 1 ) d. h. in diesem Fall, dafi sie einerseits die
alte Strafie Tiberias Genezareth und anderseits auch den Zugang
zum Wadi Hamam und zur Gegend von Magdala beherrschte.
1) BA = E. Brandenburg-, Phrygische Felsfassaden usw. in: Abhandlungen
der Bayrischen Akademie, 23. Bd., III. Klasse, 1906.
In der naheren Umgebung von Tiberias untersuchte ich dann
noch die Grotten Kasr bint el Melik (vgl. den Plan Fig. 1). Sie
sind naturlichen Ursprungs und labyrinthartig verzweigt. Einige
Stellen zeigen Spuren menschlicher Bearbeitung, hauptsachlich
Erweiterungen von zu engen Passagen, was sich wohl damit
erklaren liefie, dafi die friiheren Bewohner der Gegend von
Tiberias sie in unruhigen Zeiten als Zufluchtsort benutzten,
wozu sie sich wegen ihrer Ausdehnung und Kompliziertheit
vorziiglich eignen. Fiir den Geologen mogen sie interessant
Fig. 4. Grotte bei der Quelle Ain el Hadji.
sein, fur den Archaologen leider nicht. Ihr Boden ist mit
Knochen und Schadeln stellenweise dicht bedeckt, die Raubzeug,
wie Schakale und Hyanen, dort hingeschleppt haben, um sie in
Ruhe zu benagen. Am Fufie der Grotten sind noch Reste von
Mauern, Zisternen sowie einige andere Grotten zu erwahnen,
die aber keine Besonderheiten aufweisen.
Im Gebiet des Djebel Adschlun kommt dann fur uns
zuerst Ain el Hadji in Betracht. Es ist dies eine intermittierende,
sog. Hungerquelle bei der antiken Stadt_Abila. Der Legende
nach versiegt der Quell jedesmal, wenn Leute der umliegenden
Dorfer nach Mekka ziehen, und fliefit wieder bei ihrer Riickkehr.
Der Quell (Fig. 4, e) entspringt in einem kleinen Bassin, und
sein AbfluB wendet sich bald nordwarts; unter einer dicken
Steinplatte entspringt ein zweiter (d); daneben liegt ein Stein
mit einer recht verwitterten (arabischen?) Inschrift (c). a der
Fig. 4 ist der ungefahre GrundriB einer ebenfalls sehr ver-
witterten Grotte, in der mehrere Nischen angebracht sind. Am
Eingang links von derselben sind zwei Reihen von je zweimal
sieben Napflochern (b), eine Reihe mit der gleichen Anzahl ist
dann noch weiter unterhalb des Baches, wo er sich nach Norden
wendet (g). Bei f ein Stein mit Nische, auf den wir noch im
nachsten Kapitel ausfiihrlich zuruckkommen werden; dahinter
Fig. 4 a. Schematischer Plan der Quelle bei Abila.
eine ca. 3 m lange, 15 cm tiefe und 10 cm breite Rinne. Mit
der Quelle kann sie nicht in Verbindung gestanden haben, da
sie ca. 2,50 m iiber dem Niveau liegt. Wegen der Napf-
locher (b, g) und des Steines (f) konnen wir annehmen, daB
a eine Kultgrotte war. In Anatolien fand ich eine ahnliche
siidlich von Alayund.
Einige wichtige Grotten nebst anderen Funden sah ich
beim Fellachendorf Schordja (Fig. 5). Nordostlich vom Dorf
zieht sich ein kleines Tal hin mit einem zur Zeit meiner An-
wesenheit fast ausgetrockneten Bach. In die felsigen Talrander
sind mehrere Grotten und Graber gearbeitet. Gleich am An-
fang liegt rechts eine Grotte mit Nische (Fig. 5, a und Fig. 6).
Sie ist ca. 4 m breit, 3 tief und 2 hoch (Fig. 6, a); in der
Mitte am Boden ist eine Nische, ca. 60 cm breit, 90 tief und
70 hoch (b). Da die Hinterwand der Nische gut bearbeitet ist, ist
es ausgeschlossen, dafi es sich um ein angefangenes Schiebegrab
handelt. Rechts iiber der Nische sind noch zwei runde Locher
vorhanden (c, c), von denen das obere 13 cm breit und 11 tief,
das untere 10 breit und ebenso tief ist. In die Wande der
Grotte hat man zahlreiche Graffiti gemeifielt, von denen viele,
da sie schon ziemlich verwittert sind, alt sein imissen. Kreise
mit Linien kommen am haufigsten vor, z. B.
/ (HO
A-
a-tC
(vgl. damit die Tabelle in BA. S. 648). Wegen dieser Zeichen,
weil kein praktischer Zweck der Nische b ersichtlich, und endlich
wegen der grofien Ahnlichkeit mit anderen Grotten konnen wir
annehmen, dafi es sich hier um eine Kultstatte handelt, wie sie
in Anatblien und Petra vorkommen (vgl. hierzu Z. f. E. 08, III
S. 386 Fig. 8 a, 9 a und
11 a e; Dalman, Petra,
S. 136 Fig. 58; S. 213
Fig. 136 links; S. 295
Fig. 239 den Querschnitt
C D u. a.).
Schrag gegenuber die-
ser Grotte befindet sich
eine ahnliche (Plan Fig.5,f
und Fig. 7); sie ist 5 m
breit und der vordere Teil
alien Anschein nach ein-
gestiirzt. In der Mitte der
Hinterwand ist eine Nische
(Fig. 7, a), die 1,20 m lang
und 0,50 m breit ist, welche
p. c Dimensionen etwa fur ein
Totenlager absolut unge-
eignet sind. In der Mitte der Decke, soweit diese noch er-
halten ist, ist das runde Loch b, das ca. 70 cm im Durch-
messer halt. Ich glaube nun, dafi diese Grotte zu der Klasse
gehort, als deren Prototyp ich die bekannte im sog. Heiligen
Felsen in der Omarmoschee in Jerusalem bezeichnen mochte.
Bisher haben derartige Anlagen zu Kultzwecken gedient; das
Loch in der Decke, nimmt man an, diente zum Erteilen yon
Orakeln oder, was wahrscheinlicher ist, urn das Blut der auf
Grundriss
..
Mil-reibchnirr
c.c.
Riickwand
5m
Fig. 6. Grotte bei Schordja.
der Felsoberflache geopferten Tiere in die Grotte, zum Sitz der
Gottheit, hinabstromen zu lassen. Hierher gehort auch das
,,Hypogee egyptien" bei Gezer (Vincent, Canaan S. 218), wohl
auch die ,,tombes Israelites" (1. c. S. 226 Fig. 156, 157), auch
die Grotte bei Schuhmacher, Tell Mutesellim usw. Auch in
Anatolien sind mir mehrere derartige Grotten bekannt, und
zwar die eine bei Alayund (BA. S. 653 Fig. 6); dieser Grotten-
komplex war urspriinglich wohl ganz unterirdisch, was wir 1. c.
aus dem Zugang I schlieBen konnen. Dieser ware nicht gemacht
worden, wenn die anderen Offnungen zu N vorhanden gewesen
waren. R mag, als man die Grotte spater als Wohnung benutzt
hat, wohl auch als Rauchabzug gedient haben, er ist aber im
Vergleich zu den Hunderten, ja Tausenden von anderen Hohlen/
3m
Fig. 7. Grotte bei Schordja.
dort eine Ausnahme; zu beachten ist noch in ihm der Zugang
zu einer kleinen Kammer a, die bei einem Kamin vollig iiber-
fliissig ware. Das andere Beispiel ist bei Sabundji-Bunar
(1. c. S. 652 Fig. 5). Auch dort habe ich das Loch praktisch
erklaren wollen, als Impluvium namlich. Als ich vor fast zehn
Jahren mit dieser Arbeit beschaftigt war, habe ich nicht an die
Moglichkeit von Kultstatten und Beziehungen gedacht, aus dem
einfachen Grund, weil ich damals noch nicht das Vergleichs-
material gesammelt hatte und iiberblicken konnte, das mir heute
zu Gebote steht. Deshalb mufi ich meine Meinung revidieren,
das ,,Impluvium" kann eventuell fiir Opferzwecke gedient haben;
denn das ,,KompIuvium" fafit kaum x /4 cbm, was fiir praktische
Zwecke ungeniigend ist, eher aber zum Auffangen von Blut
passen wiirde. Also auch hier scheinen Zusammenhange und
8
Ahnlichkeiten im Kult einer Erdgottheit, der, soviel wir wissen,
in Kleinasien entstand, vorzuliegen. Sonst fand ich in Anatolian
a.
a.
Schurr
Om
Fig. 8. Grotte bei Ain-el-Hadji.
noch mehrere Grotten mit einer Offming in der Decke, die
ungefahr die Form eines umgekehrten Trichters hat (Zisternen
waren sie aber auf keinen Fall!), in der an Kultobjekten so
reichen Hohlenstadt In-Bazar (vgl. Z. f. E. 1908, III S. 384
Fig. 4 a). Ich glaube, dafi auch sie unter dem gleichen Gesichts-
punkt zu betrachten sind. Dasselbe gilt wohl von der Grotte
bei Ain-el-Hadji (Plan Fig. 4, h und Fig. 8). Es ist ca. 6 m
lang, 4 breit und an einem Ende eingef alien; soweit ich erkennen
konnte, war kein anderer Ausgang ins Freie vorhanden als der
1 m im Quadrat haltende Schacht b; an seinem oberen Ende
sind zwei Locher, die ca. 17 cm breit, 15 hoch und 7 tief sind.
An der einen Schmalseite der Grotte sind zwei Tiiren (a, a).
Ob sie in weitere Kammern fiihren, konnte erst nach Aus-
raumung der hoch angehauften, von oben hereingeschwemmten
Erde konstatiert werden. Ober der mittelsten ist dann noch
die Nische c, die 25 cm breit, 30 hoch und 15 cm tief ist. 1 )
Dorf Alal.
Fig. 9. Schema des Tals bei Alal.
Wahrscheinlich ist mit dieser Kategorie von Kultgrotten
eine andere verwandt, die zwar keine Offnung in der Decke
hat, wo aber die (wollen wir annehmen) geopferte Fliissigkeit
durch den Eingang geleitet wurde. Die vollendetste und best-
erhaltene Anlage dieser Art fand wohl Sellin in Tanaak
(Fig. 35, 36 dort). Aber auch die ,,Graber" in Gezer (Vincent
S. 215 und 226 Fig. 159) scheinen zu Ahnlichem gedient zu haben,
wozu ware sonst die Vertiefung im Boden? (Was die Deutung
als Graber anbelangt, weise ich nochmals auf die untenstehende
1) Auch die ,,caverne funeraire" bei Gezer (Vincent 1. c. S. 210 f. 147)
scheint mir hierher zu gehoren. Wenn man in solchen und ahnlichen Grotten
Beisetzung-en findet, so will das durchaus nicht sagen, dafi sie ursprimglich
als Graber angelegt sind. Es gibt unter den vielen Grotten nur wenige, die
nicht auch als Stalle, Wohnungen, Graber, nach den jeweiligen Bediirfnissen
der verschiedenen Zeiten, gedient hatten.
10
Anmerkung hin.) Interessant ist es nun, dafi wir auch fur diese
Klasse zwei Parallelen in Anatolien finden, und zwar bei
Goktschekissik (BA. S. 698 f.; einige ahnlich e, einfachere da-
neben) und bei Diiver. Eine zur Grottenanlage erweiterte
Zisterne (f des Plans 5) konnen wir iibergehen.
Ahnlich wie bei Schordja ist auch bei dem Dorf^Alal 1 )
ein Tal, in dem sich Grotten, Graber und Reste einer alien
Wasserleitung befinden (Fig 1 . 9). Vor allem ist es wieder eine
Grotte, die ahnlich, wie Fig. 6, fiir uns in Frage kommt; sie
ist ca. 4,50 m lang, 2,70 breit und 1,80 hoch (Fig. 9 a und
Fig. 10). Am Boden in der Mitte der Hinterwand befindet
sich die Nische a, die 50 cm breit, 40 tief, 60 hoch ist.
Wegen der geringen Tiefe von nur 60 cm ist auch hier aus-
geschlossen, dafi es sich um ein angefangenes Schiebegrab
handelt. Aufierdem sind noch drei kleine Nischen an der
Siidostwand vorhanden (Fig. 8b, c, d) die aber auch zu klein
und flach sind, um als Grabstatten gedient zu haben. Fiir diese
Anlage gilt das bei der Beschreibung der Grotte Fig. 6 Gesagte.
Nicht weit von ihr liegt eine andere (Fig. 9b und Fig. 11),
deren Charakter allerdings nicht so leicht zu erkennen ist, wie
der der eben beschriebenen. Fig. lib ist namlich allem An-
schein nach ein Grab, obgleich das erst durch vollige Aus-
raumung sicher.konstatiert werden miifite; auffallig ist aber nun,
dafi sich nur ein Grab vorfindet, wahrend am gegeniiberliegenden
Talrand ca. vier grofie Grotten voll von Grabern sind, und dafi
ferner dies Grab nicht in der dort gebrauchlichen Form der
1) Obgleich eigentlich nicht zu unserem Thema gehorig, mochte ich hier
doch noch die Wasserleitung erwahnen, die icti im Tal von Alal fand (Plan
Fig. 9, e i.) Wo das Tal im Siidosten umbiegt, liegt an der Bergwand eine
eingestiirzte (wohl natiirliche) Grotte e. Von ihr aus lafit sich ein unterirdischer
Kanal mit fliefiendem Wasser bis f deutlich verfolgen, da dessen Decke an
einigen Stellen eingestiirzt ist. Bei f bricht das Wasser ins Freie aus und
ergiefit sich in das auf der Talsohle befindliche Bett des Baches (i, i). Wahrend
dieser bei meiner Anwesenheit ganzlich' ausgetrocknet war, kam bei f noch
eine ziemliche Menge Wasser hervor; die diinne, punktierte Doppellinie g gibt
dann den ursprunglichen Lauf wieder und mundete wohl in den bei h be-
findlichen ,,cunicolo". Ein Fellache sagte, daB hinter der eingestiirzten Grotte e
noch eine grofiere sei, und aus dieser dann ein ,,Loch" tief in den Berg fiihre,
aus dem das Wasser komme. Aller Wahrscheinlichkeit nach haben wir es hier
mit dem letzten noch funktionierenden Ende der grofien Wasserleitung zu tun,
die von Ibdar herkommt, sich in der Nahe von Ain-el-trab gabelt und nach
Derat fiihrte. ^ (Angabe von Dr. Schuhmacher.)
11
Schiebegraber hergestellt ist. Ferner haben die gegenuber-
liegenden, typischen Grabgrotten eine ganz kleine und damals
wohl durch eine Steinplatte verschlossene Tiir, wahrend der
Grundriss
MiN-etochnirr
Fig. 10. Grotte bei Alal.
Eingang- von Fig. 11 weit of fen und unverschliefibar war. Endlich
sind an diesem Eingang (Fig. 11 a) Napflocher mit Rinnen an-
gebracht und im Innern der Grotte verschiedene Nischen^(Fig. 11,
12
a e, g-, i). e und g- sind je drei kleine Locher 1 ) in etwas uber
mittlerer Hohe der Wand; d ist bogenformig, mit schrag
Fig. 11. Grotte bei Alal.
nach vorn abfallendem Boden, daher zu praktischen Zwedcen
unbrauchbar (35 cm breit, 30 hoch, 15 tief). Besonders merk-
1) Vgl. Petra S. 329 Fig. 295, 297, auch neben sakralem Gegenstand.
3* 13
wtirdig ist die Nische c (Fig. 11) noch besonders nebenbei ab-
gebildet. (Mafie: 20 cm breit, ca. 18 hoch, 12 tief; am Boden
eine vertikale Rinne, 12 cm lang und 6 breit). Solche Nischen
mit Rinnen fand ich sowohl in Anatolien als auch Etrurien
(Ber. iiber eine Reise in Anatolien, Memnon I, 1, S. 21 Fig.
4, 5. Z. f. E. 1908, III S. 386 Fig. 8b. R. E. E. S. Fig. 11 a
bis 14, or, /? 15), die wohl nur zu kultischen Zwecken ge-
dient haben konnen. Nische Fig. 9c ist bogenformig, auch mit
nach vorn geneigtem Boden (30 cm breit, 30 hoch, 15 tief).
Darunter eine Aushohlung, die fast wie ein Sitz aussieht;
dariiber zwei kleine Ausarbeitungen (18 breit, 15 hoch, 10 tief
Lampennischen?). Zusammenfassend konnen wir wohl sagen,
dafi diese Grotte, charakterisiert durch den offenen Eingang, im
Gegensatz zu den gegenuberliegenden Grabern, durch die
Schalen, Rinnen und Nischen wohl eher Kult- als Grabgrotte
war, trotz dem grabahnlichen Schacht f. War dieser tatsachlich
ein Grab, so bleibt immerhin, falls er nicht sekundar angelegt
sein sollte, die abweichende Form und die relativ grofie Zahl
der Nischen usw. auffallig.
Ober eine Kultgrotte im Hinnomtal und den Vorraum des
,,K6nigsgrabes" bei Jerusalem noch weiter unten.
14
Kapitel II.
Andere Kultobjekte.
1) Ein wurfelformiger Felsblock bei der Quelle Ain-el-
Hadji (Plan Fig-. 4b und Fig. 12). Er ist ca. 1,80 m breit, 1,50
hoch und ebenso dick; er steht auf einem anderen, aber nicht
genau bearbeiteten Stein, der seine Basis bildet. 1 m iiber dem
unteren Rande der dem voriiberflieBenden Wasser zugekehrten
Seite befindet sich eine kleine Nische, deren Hinterwand, im
Durdischnitt gesehen, bogenformig ist (40 cm breit, 20 hoch,
12 tief). Da ein praktischer Zweck ausgeschlossen scheint
denn was wollte man in einer
solchen im Freien befindlichen
Nische wohl deponieren? so
kann er wohl zu Kultzwecken
gedient haben, worauf auch die
in der Nahe befindlichen Napf-
locher hinweisen wiirden. Er
ware dann mit gewissen Mas-
seben zu vergleichen (Vincent
S. 126 Fig. 86; Petra S. 303 Fig. 247, S. 217 Fig. 140a u. a.).
Kleine Opferschalen sind schon oben, weil zur Charakte-
ristik gewisser Grotten notig, erwahnt worden ; grofie fand ich:
erstens am Wege von Alal nach Rahub (Fig. 13). t)ber einer
durch hereingeschwemmte Erde verschiittete Grotte (c) befindet
sich die annahernd trapezformige Schale a (90 cm lang, 80 breit
und ca. 15 tief). Vom Felsrand ist sie durch eine ca. 15 cm
breite Leiste getrennt, die bei b durchbrochen ist, so dafi ein
flussiges, iiber der Vertiefung a dargebrachtes Opfer durch b
in die Kammer c fliefien konnte. Dieselbe Vorrichtung, nur doppelt,
findet sich an einer Grabfassade bei der Demirlikaleh (OLZ. 08,
1m
Fig. 12. Block mit Nische bei Abila.
15
K. A. U. II, Fig-. 5 7). Reber hatte dieses merkwiirdige Grab
schon vor mir gefunden, aber nur auf das (wohl recht spate)
a.
Querschnirr
Grundriss
1m
Fig. 13. Opferschale am Wege Alal-Rahub.
Relief geachtet und die Schalen nicht gezeichnet (Reber, Phryg.
Felsdenkmaler S. 69 Fig. 19). Eine ahnliche Anlage -befindet
sich am Wege von Schordja
nach Abila, die Grabkammer
darunter ist nicht zu erkennen,
da sie wohl ganzlich verschiittet
ist. Doch kann man annehmen,
dafi dort auch eine vorhanden
ist, da sich mehrere andere
ganz in der Nahe befinden.
In einem Seitental des Wadi
Nar bei Jerusalem auf der ost-
lichen Seite des Bergriickens,
auf dessen westlicher das Dorf
Siloah liegt, ist aus dem Felsen
einegroBeovale Schale (Fig. 14),
die man am besten mit
einem langs durchschnit-
tenen Ei vergleichen kann,
ausgemeifielt (ob. Durch-
messer 1,35 und 1,25 m
ca., Tiefe ca. 50 cm). Der
Rand der Schmalseiten ist
durch zwei keilformige Rinnen durchbrochen (Fig. 14, a 30 cm
lang, oben 12 breit, 17 tief; b 30 lang, 8 breit, 7 tief). Am
Grundrbb.
SchniH-.
a.
1m
Fig. 14. Becken im Wadi Nar.
16
unteren Teil der einen Breitseite fiihrt ca. 50 cm unter dem
oberen Rande ein ca. 28 cm im Durchmesser haltendes Loch
Loch (c) schrag in den Pels hinab. Der untere Teil ist mit
Erde fest verstopft; es ist aber nicht unmoglich, dafi diese Rohre
in eine der Kammern fiihrt, die sich darunter befinden, und die
teils verschiittet, teils eingesturzt sind. Man kann sogar sagen,
dafi es geradezu unwahrscheinlich ist, da sich Grotten darunter
befinden, dafi eine solche Rohre ,,blind" enden
sollte. Aufierdem ware das ja leicht festzustellen,
mir fehlten nur die geeigneten Werkzeug^e dazu.
In diesem Falle waren entschieden Beziehungen
zu der ,,Schale auf der Schwelle von
eg-gerra" (Neue Petra-Forschungen, S. 67
Fig. 61) vorhanden. In Anatolien finden
wir das Gegenstiick dazu bei der Grotte
von Goktschekissik (BA. S. 698
Fig. 56); endlich gehort hierher auch
noch die Anlage, die Sellin
bei Ta'anak fand (Vincent,
S. 98, 99 Fig. 68, 69), so dafi
n. wir direkt von Opferriten
sprechen konnen, die fur
eine in der Grotte ge-
dachte Gottheit (weniger
wahrscheinlich Toten)
aufierhalb derselben dar-
gebracht und durch ein
mehr oder minder kom-
pliziertes System von
Rinnen usw. hineingelei-
tet wurde. Moglicher-
weise war das eine ,,Verfeinerung" des Kultes der ,,Heiligen
Felshohlen" (Jerusalem), wo das Opferblut direkt durch ein
Loch im Plafond der Hohle in diese flofi. 1 )
c.Ern
Fig. 15. Becken im Hinomtal.
1) Ich mochte noch bemerken, dafi es solche Schalen mit Abflussen auch
ohne Verbindung mit einer Grotte gibt, z. B. Petra, S. 346 Fig. 314. Dafi
die Anlage keine ,,Zisterne" war, ist wohl anzunehmen, sonst wiirde sie
tiefer sein, nicht nur 78 cm. Wie Dalman die Wasserzuleitung von el-beda
damit verbindet, die M nicht allzu weit entfernt ist", kann ich bei ihm nicht
herausfinden. Ahnlich ware die Anlage in der Cava d'Ispisa (Z. f. E. 1912, 1,
17
Endlich ist noch eine Schalenanlage im Hinnomtal zu er-
wahnen (Fig. 15). Die Aufnahme gibt die Anlage ungefahr
wieder, ohne ganz genau in den Maflen zu sein, da ich dort
von Arabern belastigt wurde und nicht ungestort arbeiten konnte.
An einer kiinstlich hergestellten senkrechten Wand befinden
sich mehrere kleine Locher (a), wie man sie haufig bei Kult-
nischen angebracht sieht (vgl. Petra, S. 214 Fig. 137), darunter
eine kleine Nische b, darunter wieder in einer stufenformigen
Leiste des Felsens die Schale c (ca. 70 cm lang, 60 breit und
40 tief); aus ihr fuhrt eine ca. 5 cm im Durchmesser haltende
und 20 cm lange Rohre auf eine tiefere Stufe e, e, in der sich
A.
A. B.
e.
B.
> . i
Zm
Fig. 16. Kultstatte bei Birketillima.
das runde Loch f (ca. 20 cm Durchmesser und 15 tief) befindet,
darunter noch eine dritte Stufe g und dann der mehrere Meter
tiefe, natiirliche Abfall des Felsens. In der Grundauff assung
ist eine gewisse Ahnlichkeit mit der ,,Idolnische" in Petra
(1. c. S. 313 Fig. 273) vorhanden.
Bei Birketillima bei Jerusalem befindet sich eine recht
S. 27 Fig. 3, 3a), ferner das Becken auf den Stufen, die zum KSnigsgrab bei
Jerusalem hinabfuhren. Was endlich merkwurdige Wasserbassins (nicht
Zisternen zur wirklichen Aufbewahrung von Wasser, die meist anders, unter-
irdisch angelegt werden), entstanden durch Bearbeitung einer Felsspitze, an-
belangt, so waren solche auch noch in Etrurien vorhanden (vgl. REES.
Fig. 25 und Text). Hier mogen Beziehungen zu gewissen Bassins vorliegen.
Vgl. miteinander: Lehmann-Haupt, Materialien S. 75, Fig. 45 (fraglich ob
,,Sockel"); MOG. (Winckler, Bogaskeuj) S. 57, 58 Fig. 6, 7 (dgl.), Vincent S. 144
Fig. 93, 1, m; 1. c. S. 114 Fig. 80 und S. 187 Fig. 133.
18
verwitterte und schwer erkennbare Felsbearbeitung, die man
sich wohl kaum anders als als Kultstatte erklaren kann. Unter-
halb der Stufe a (der Fig 1 . 16) ist die rechteckige Vertiefungf b ;
durch den sie umgebenden Rand sind vier Rinnen gearbeitet,
b, c, d, e. Am unteren Teile der Stufe a, in der Mittelachse
von b gelegen, ist die kleine Aushohlung g (hoch 13, breit 13,
tief 12 cm). In gewisser Beziehung ist die Anlage mit Petra
S. 295 Fig. 239, besonders b, vergleichbar; ferner mit den
,,Stufen" bei Sabundji-bunar (Memnon I, S. 26 Fig. 14) und in
der Cava d' Ispica (Z. f. E. 1912, S. 25 Fig. 1, a, b; ich mochte
a.
A.
b.
b.
c.
y f e.
d.
N.
---B.
A. B
Fig. 17. ,,AKar" bei Birketillima.
auf diesen Artikel noch besonders hinweisen, da in ihm die
ahnlichen Objekte in Anatolien usw. und Petra in einer Tabelle
zusammengestellt sind). Alle Vergleichsobjekte haben kultische
Bedeutung.
Nicht weit von der eben beschriebenen Anlage ist dann
noch eine vorhanden, die auch in die Kategorie der ,,Felsaltare"
gehort (Fig. 17 und 17 a, in etwas iibertriebener Perspektive).
Aus einer Felsecke hat man einen rechteckigen Ausschnitt von
je 3 m Seitenlange herausgearbeitet. In der Ecke liefi man
einen Wurfel (b) stehen, aus dessen Nordostecke die ,,Stufe" c
herausgehauen ist. b selber steht auf dem Untersatz d, auf
welchem rund um b herum die Rinne f, f lauft, die bei e einen
tiefen Einschnitt hat. Anklange an K. A. U. II, Tafel Fig. 12
sind vorhanden. Auch auf dem Relief aus Susa, das einen
19
Kultort darstellt, ist ein ahnlicher Altar vorhanden (Vincent
S. 144 Fig. 93k). Die Rinne f, f diente aller Wahrscheiniichkeit
nach zum Auffangen usw. des Blutes, woriiber auch Dalman
schreibt (N. P. F. S. 139, 140).
Ahnlichen Zwecken hat wohl auch der Felsen im Hinnom-
tal gedient (Fig. 18 im Grundrifi und den Querschnitten A B
und C D und 18 a). Zu den ca. 6 m langen, 2% m breiten
und IVs m hohen Felsen k, k ist eine im Grundrift trapez-
formige Rinne a, a gemeifielt, de-
ren Breite zwischen 22 34 cm
Fig. 17 a.
schwankt. Bei bl ist sie am tiefsten, fast auf dem Niveau der
sehr verwitterten Stufe e, e; sie steigt dann langsam an, so dafi
der Punkt b 12 cm iiber bl Hegt. Am Westende ist dann
noch iiber a die viereckige Flache d ausgearbeitet. f ist ein
rechteckiges, anscheinend kunstliches Loch, g sehr unregelmafiig
und wohl natiirlich. An der Ostseite sind noch zwei kleine
Locher, h und i, die man als Opferschalen deuten konnte. Zu
vergleichen ware dieser Pels mit N. P. F. S. 52 Fig. 52, P. S. 294
Fig. 238, vor allem aber mit dem ,,Altar" bei der Demirli-Kaleh
(BA. S. 697 Fig. 55 Foto, und Z. f. E. 1912, I S. 34 Fig. 5
Grundrifi. Beiden ist ein System von "Rinnen mit einem
20
kleinen Schacht dahinter gemeinsam (bei Fig. 18 des Textes
das Loch g). 1 )
.C.
C. D.
Fig. 18. Felsen im Hinomtal.
Aus Schordja ware noch ein Fund zu erwahnen, fiir den
ich vorlaufig noch keine irgendwie befriedigende Erklarung
Fig-. 18 a.
1) Dafi solche Felsaltare noch spat bekannt waren, beweist Ezech. 16, 24
. . . und machtest dir Felsaltare auf alien Gassen". Ferner wird Kap. 24,
V. 7, 8 gegen das Verschiitten von Blut auf den Felsen (also wohl Opfern auf
Felsaltaren) gepredigt.
21
gef linden habe (Fig-. 19 und Plan Fig. 5g). Von der Erdober-
flache fiihrt der 1 m im Quadrat haltende Schacht a senkrecht
herab. Der obere Teil ist im Querschnitt quadratisch, der
untere b kreisformig. Der Grund ist in ca. 3 m Tiefe mit
Geroll verschiittet. Von der Siidostseite fiihren zwei Stufen c, c
QuerschniK
Qrundris>
d.1.
c.
1m-
Fig. 19. Schacht bei Schordja.
hinab. In halber Hohe des quadratischen Teils des Schachtes
sind in seine Nordwest- und Sudwestwand horizontale Seiten-
schachte getrieben d und d . d ist ca. 80 cm hoch, 50 breit
und 150 tief ; d am hinteren Ende mit Erde angefiillt. Die ge-
ringe Breite und Lange von d Ia6t eine Deutung als Schiebe-
grab nicht recht zu; auch wurde man ein Grab eher am Boden
eines Schachtes als gerade am oberen Ende angebracht haben.
Der Boden des Schachtes miifite erst ausgeraumt werden.
22
Ebenfalls bei Schordja fand ich ein merkwiirdiges Relief
(Fig. 20 und Plan Fig. 5c). Aus der ca. 45 abfallenden Fels-
oberflache hat man ein
Stiick etwa in der Form
eines diagonal geteilten
Kubus herausgearbei-
tet und so eine Verti- .
kalflache geschaffen. In
dieser ist die am oberen
Teil halbkreisformige
Nische b, b ca. 8 cm
tief ausgehauen, in wel-
cher sich erhoht das
Relief a befindet. b ist
50 cm breit und ca.
70 cm hoch, der Boden
verschuttet. a besteht
aus einem 40 cm brei- Fig> 2 0. Relief bei Schordja.
ten Rechteck, das von
einem kopfartigen Aufsatz von 22 cm Hohe gekront ist; die
Breite der ,,Schultern" d, d ist 8 cm. Das Relief nun lafit
Fig. 20a.
23
sich zweifach deuten, entweder als Phallus oder als ,,Ab-
breviatur" einer menschlichen Gestalt. Im ersteren Falle ware
es mit P. S. 146 Fig-. 69, S. 279 Fig. 221 links und S. 282
Fig. 21.
Fig. 226 a zu vergleichen (ferner vgl. BA. S. 684 Anm. 1).
Sonst aber wiirde das Relief sich als Abbreviatur eines Korpers
ganz mit OLZ. 08, KAU. Tafel II Fig. 2 (vgl. auch BA. S. 696
Fig. 51 und 52, in der dortigen Wiedergabe nur undeutlich
erkennbar) decken. Auch bei anderen derartigen Darstellungen
24
sind Korper so gearbeitet (vgl. OLZ. 1. c. Fig. 3), nur dafi
dort noch die aufgerollten Locken hinzukommen. Ebenfalls
hierher gehoren die sog. Mantelfiguren am Aufgang zur ,,Midas-
stadt" (Jasilikaja in Phrygien). Auch P. S. Ronzevalle, Nefes
rupestres, p. 199, Fig. 36, rechts, ist dem sehr ahnlich.
Im Museum der Dormitio zeigte mir Pater Heinrich noch
ein Stuck, das die Photographic Fig. 21 (Aufnahme von P. Hein-
rich) wiedergibt. Er gestattete mir in liebenswiirdiger Weise
die Publikation, wofiir ich ihm an dieser Stelle riochmals auf-
richtig danke. Es handelt sich um eine weifie Marmorplatte,
die 15 cm breit, 16 hoch und
3*/ 2 dick ist. Die Vorderseite
zeigt eine Doppelnische, d. h.
eine flache Nische, an deren
Hinterwand noch eine zweite
ausgearbeitet ist. Beide haben
an ihrer Basis ,,Rinnen". Ge-
funden wurde das Stiick im
Garten der Deutschen Nonnen
auf dem Olberge, und zwar zu-
sammen mit dem hettitischen
Siegel, das H. Grimne in OLZ.
1912, April S. 156 publiziert
hat. Ein ahnliches, weniger gut
erhaltenes Stiick wurde noch
aufierdem P. Heinrich zum Kauf
1m
Fig-. 21 a. Nische bei Sabundjibunar.
angeboten. Merkwiirdig ist nun, dafi solche Doppelnischen sich
genau so in den Pels eingearbeitet in Anatolien linden (vgl.
Memnon I, S. 20 22 Fig. 4 7 und Fig. 21 a im Text); doch
sagte mir Herzfeld: ,,Die Platte ist von genau der gleichen Art,
wie zwei Platten in der Grofien Moschee von Damaskus, auf
die in spaterer Zeit Inschriften des Seldjuqiden Tutush ein-
gemeifielt sind, und ein ebensolches Stiick, das noch heute im
Hofe der Grofien Moschee von Hims als Mihrab aufgestellt ist.
o
Letzteres wird von Sobernheim in dem Bande Hamah-Hims
des Corp. inscr. Arab, veroffentlicht werden. Ober die ersteren
hat van Berchem, Inschriften ges. von Freiherrn von Oppen-
heim, Beitrage z. Assyr. 1909 VII 1, gehandelt (S. 149ff. Abb.
25 und 26). Van Berchem schreibt: ,,,Beide Platten weisen jene
Form auf, die fur agyptische, sei es koptische, sei es arabische
25
Grabstelen charakteristisch ist, und deren Vorbild in dem alt-
christlichen Altar und weiter zuriick in dem sigmaformigen Tisch
des Refektoriums zu suchen ist.-" Ober dieses christliche Kult-
gerat hat Strzygowski an zwei Stellen gehandelt: Le relazioni
di Salona coll* Egitto, in Bull, di archeol. e storia dalmata 1901
und der sigmaformige Tisch und der alteste Typus des Refek-
toriums; in Worter und Sachen I 1909. Ich glaube, dafi man
die Form der Grabstelen hiervon trennen mufi, und sie vielmehr
mit der Gestalt der altesten babylonischen Stelen, oben halb-
rund geschlossenes Rechteck, zusammenhangen. Dafi der vor-
liegende Stein ein sigmaformiger Refektoriumstisch ist, scheint
mir unzweifelhaft. Es ware aber zu untersuchen, ob dies alte
christliche Kultgerat zu den alteren hettitischen Kultobjekten,
wie sie die Nische von Sabundjibunar reprasentiert, in Beziehung
steht, was bei der Konstanz kultischer Dinge nicht unmoglich
erscheint." Endlich mufi ich noch eine Grotte mit ,,Kolumbarien"
bei Schordja (Plan Fig. 5b) erwahnen. Die Kolumbarien dort
sind genau wie die bei Sabundjibunar (vgl. Memnon S. 27
Fig. 15, 16). Audi bei Sutri sind dergleichen vorhanden
(Bargellini, Etruria Meridionale, S. 144 bes. S. 138 im Detail).
Ich glaube kaum, dafi es sich in alien diesen Fallen um wirk-
liche Brutstatten fiir Tauben handelt (wie auch bei Petra S. 229),
da die Dimensionen dazu nicht stimmen; ich gedenke noch, bei
spaterer Gelegenheit diese sog. Kolumbarien im Zusammenhang
zu besprechen.
Nach Erorterung dieser Funde konnen wir wohl zusammen-
fassend sagen, dafi sowohl in Anatolien, als auch in Syrien
1. Grotten mit einer Offnung an der Decke (Typ des so-
genannten ,,Heiligen Felsens" in Jerusalem),
2. Grotten mit Nischen am Boden der Hinterwand (auch
in Petra),
3. altarartige Felsbearbeitungen,
4. andere Felsbearbeitungen (wie z. B. Fig. 5, c)
vorkommen, die sich zwar nicht ,,wortlich" gleichen, was bei
diesen Objekten weder in Anatolien noch in Petra unter-
einander je der Fall ist, wohl aber dieselben Grundlinien auf-
weisen und aus denselben religiosen Anschauungen heraus ent-
standen sind. Da wir nun aus Anatolien wissen, dafi letztere
dem hettitischen Kulturkreis (nur im kulturellen Sinne auf-
gefafit!) zuzuschreiben sind, und uns die Geschichte zugleich
26
vom Vorhandensein von Hettitern in Syrian berichtet, so liegt
der Schlufi nahe, dafi die Felsheiligtiimer in Syrien auch unter
hettitischem Einflufi entstanden sind. Die vorliegende Arbeit
ist nur ein Reise- und Fundbericht, deshalb wiirden auch Er-
orterungen iiber eine mogliche gegenseitige Beeinflussung zu weit
fiihren, ebenso eingehendere Zeitansetzung. Das bleibt einer
spateren Arbeit vorbehalten; hier sei nur vorweg bemerkt, dafi
ich glaube, daB der EinfluB von Anatolien auf Syrien starker
war, als umgekehrt, und als Zeit der Entstehung der Ausgang
des 2. und Anfang des 1. Jahrtausends anzusetzen ware.
27
Die ,,Graber" bei Jerusalem.
Nachst den oben geschilderten Funden, gait mein Haupt-
interesse in Jerusalem den dortigen grofien Grabanlagen, wie
z. B. den Konigs-, Propheten-, Richter- usw. Grabern. Nach-
dem ich diese nebst verschiedenen anderen, speziell im Wadi
Nar, ostlich von Siloah besichtigt hatte, fiel mir folgendes auf :
1. Dafi in verschiedenen dieser Graber der Ort, um die
Leiche beizusetzen, in gar keinem Verhaltnisse zur Gesamt-
anlage stand, namlich die Totenbanke oder Arkosoliengraber
im Gegensatz zur sonstigen Anlage aufierst fluchtig und nach-
lassig gearbeitet waren;
2. die auBerordentliche Grofie der Vorhofe und Haupt-
kammern.
3. die ganz ,,nebensachliche" Placierung der Grabkammern
beim sogenannten Konigsgrabe;
4. widersprechen diese ,,Graber" einem Hauptprinzip, das
eigentliche Grab so sicher wie moglich vor Schandung zu be-
wahren.
Versuchen wir jetzt, diese verschiedenen Punkte speziell
an Hand von zwei Beispielen naher zu begrunden. Ich mochte
dazu ein Grab im Wadi Nar, an der Siidseite des Tales, und
ein zweites dicht neben den bekannten ,,Richtergrabern" wahlen.
Das Grab neben den ,,Richtergrabern" (Fig. 22) besteht
zuerst aus einem gewaltigen Vorhofe (a) der in den schrag an-
steigenden Pels gemeifielt ist. Seine Breite betragt ungefahr
20 m, die Lange ca. 22 m. An der linken Wand befindet sich
noch eine schlichte Kammer mit weiter TiirSffnung von ca. 5 m
Lange und 2,80 m Breite. Aus diesem Vorhofe a gelangt man
dann durch eine 4 m breite, 1,20 m tiefe und ca. 5 m hohe
Tiir in die Kammer c (die Hohe ist wegen des auf dem Boden
28
angehauften Gerolles nicht genau zu messen), die 9,60 m breit,
4,80 m tief und ca. 4 m hoch ist. Von hier aus fuhrt wieder
eine ganz kleine Tur, die nur 0,80 m breit und wenig hoher
ist, in den Zentralraum d. Derselbe ist ca. 3,30 m hoch, ca.
Grundriss
Langsschnilt
20m
Fig. 22. Grab neben den Richtergrabern.
10 m lang und 6,25 m breit. An seinem Hinterende befindet
sich die Estrade e, 1 ) die ca. 30 cm hoher liegt, und die 2,55 m
1) Estraden finden wir in verschiedenen Kultgrotten in Petra, z. B.
S. 269 Fig. 212, ferner in In-basar (Z. f. E. 1908 III, S. 388 Fig. 11 a c).
29
tief und 4 m breit ist. Auch der Plafond von c ist 30 cm tiefer
als der von d. An der Hinterwand der Estrade c fiihrt dann
Fig. 23. Grab im Wadi Nav.
eine kleine Tiir genau wie diejenige, welch e c und d verbindet,
in eine kleine Kammer h, die 2,50 m breit, 2,30 m tief und
2,05 m hoch ist.
An der dem Eingange gegeniiberliegenden und an der
30
linken Wand von h sind zwei recht roh gearbeitete Arkosolien-
graber angebracht. Ferner gelangt man von d aus in zwei
kleine rechts und links von der Estrade befindliche Kammern
f und g, und zwar sind fiir jede Kammer zwei Eingange vor-
handen: 1. je ein kleiner, dem eben geschilderten entsprechend
(der, welcher in die Kammer f mundet, ist etwas bogenformig
angelegt); 2. neben diesen zwei kleinen Eingangen sind noch
zwei schmale, hohere zu nennen, 0,80 m breit und etwa manns-
hoch. Die Kammer f ist leer. In der Kammer g, die 2,80 m
zu 3,50 m halt und ca. 2,50 m hoch ist, befinden sich eben-
falls zwei rohe Arcosoliengraber. Zu erwahnen ist nodi, dafi
neben dem kleinen Eingang von d und g sich rechts eine kleine
Nische befindet, die 80 cm hoch, 50 cm breit und 30 cm tie! ist.
Samtliche Tiiren, mit Ausnahme der beiden schmalen, hoheren,
sind nach aufien hin von einem 20 cm breiten Falz umrahmt,
sind also jedenfalls verschliefibar gewesen, wahrend sich bei
den beiden schmalen, hohen Eingangen keine Anzeichen dafiir
vorfinden. Ich mochte gleichfalls darauf hinweisen, daS die
Hauptachse der Kammer c senkrecht zur Hauptachse der Ge-
samtanlage steht, wahrend die der Kammer d mit ihr zu-
sammenfallt.
Ahnlich wie die eben beschriebene Anlage ist die im Wadi
Nar (Fig. 23). Wegen der auBeren Felsformation fehlt die
Westseite des Vorhofes. Die Ostseite ist ca. 10 m lang, die
Fassade ca. 14 m breit.
a) Aus dem Vorhofe gelangt man wieder durch eine grofie,
ca. 4 m breite, offene Tiir in die Vorhalle b, die ca. 13 m breit,
5 m tief und fiber 5 m hoch ist. In ihr befindet sich an der
Westseite noch ein roh gearbeitetes Loch. Gegeniiber von der
Haupttiir fiihrt, genau wie bei der oben geschilderten Anlage,
eine nur 90 cm breite und etwa ebenso hohe Tiir in den
Zentralraum c. Eine Estrade ist hier nicht vorhanden. Man
gelangt wieder durch niedrige kleine Tiiren in eine kleine
Kammer und zwar in der Mittelachse gelegen d.
Hier ist die Verbindungstiir nur 60 cm breit; die Kammer,
deren Tiir leicht trapezformig ist, selber ca. 2,40 m breit und
3,20 m tief. Die Kammer rechts, e, ist durch einen 60 cm
breiten und 1,10 m langen Gang zugangig. Sie ist ca. 2 m
tief und 2,15 m breit. Links geht es durch den 60 cm breiten
Gang in die Kammer f, die 2,80 m breit und 2,70 m tief ist.
31
In ihr befinden sich im Boden drei Schiebegraber. An" der
Hinterwand, nicht ganz genau dem Eingang gegeniiberliegend,
befindet sich noch ein DurchlaB in eine ganz roh gearbeitete
Kammer g, in der eine ebenfalls schlecht gearbeitete Totenbank
angebracht ist. Die Kammer ist sehr fliichtig gemacht und
allem Anschein nach nie vollendet worden. Ebenfalls wie bei
dem Grabe neben den Richtergrabern ist auch hier die Langs-
achse b senkrecht zur Hauptachse der Gesamtanlage gestellt,
wahrend die von c parallel zu derselben liegt.
Neben dieser Grabanlage befinden sich mehrere kleinere
Graber mit Vorhalle, die in der Mitte durch einen Pfeiler ge-
stiitzt ist, ahnlich wie bei dem sogenannten paphlagonischen
Grabe bei Goktschekissik.
Wichtig ist, dafi fiber dieser ganzen Anlage sich noch eine
ganz ahnliche, nur nicht so grofie und so gut gearbeitete be-
findet; Graber sind dort nur in einer Kammer vorhanden, die
man in die westliche Seitenwand des Vorhofes gebrochen hat,
und die deshalb kaum zur urspriinglichen Anlage gehort. Die
Zentralkammer ist wegen hereingeschwemmter Erde nicht mehr
ohne Ausgrabungen genau abmefibar. Bei beiden Beispielen
haben wir also gesehen, dafi die eigentlichen Grabstatten, d. h.
Arcosolien und Schiebegraber, nur in ganz geringer Anzahl
vorhanden sind und im Vergleiche zur Gesamtanlage gewisser-
mafien nur eine Nebenrolle spielen. Um drei resp. vier Graber
herzustellen, arbeitete man aus dem harten Gestein grofie Vor-
hofe, die Vorhallen, die immerhin einen Kubikinhalt von mehreren
tausend Kubikmetern darstellen! Aufierdem sind in Fig. 22 f
und Fig. 23 d und e iiberhaupt keine Graber vorhanden. Hat
man solche Anlagen wirklich zu Grabern verwendet, resp. waren
sie aller Wahrscheinlichkeit nach Grabanlagen, so finden sich
die Graber in ganz anderer Anzahl geradezu dutzendweise, wie
z. B. bei den sogenannten Richter- und Prophetengrabern.
Ferner ist, wie schon hervorgehoben, im Vergleiche zu
der sorgfaltigen Bearbeitung der groBen Kammern, das Fliichtige
und nicht ganz RegelmaBige der Grabstatten durchaus auffallig.
Ware z. B. die Anlage im Wadi Nar wirklich eine Grabstatte
gewesen, so hatte man doch wohl zuerst die Kammer d als Grab-
raum verwendet. Was nun das im Orient herrschende Prinzip,
das Grab vor Schandung moglichst zu bewahren, anbetrifft, so
wurde ja gelegentlich eines Vortrages, den ich im Januar in
32
der Palastina-Forschungs-Gesellschaft in Berlin hielt, der Ein-
wurf gemacht, dafi durchaus nicht alle Graber unsichtbar an-
gelegt sein mufiten. Das stimmt!
Wir konnen folgende drei Alien unterscheiden : entweder
1. Das Grab ist vollkommen versteckt und unauffindbar (z. B.
Fig. 24. Detail der ,,Konigsgraber".
Pharaonengraber in den Randgebirgen des Niltals, von denen
wir wissen, dafi nicht nur der Eingang verschiittet wurde und
vermauert worden ist, sondern dafi sogar nach der Fertigstellung
die Arbeiter, die dazu verwendet worden waren, getotet wurden).
2. Typ : Das Grab ist sichtbar, aber trotzdem durch die gewaltige
Menge des Materials oderVerbergung des Zugangs vorSchandung
geschiitzt (z. B. die Pyramiden; ebenfalls in diese Kategorie wurden
33
die phrygischen Konigsfassaden gehoren, wo die Fassade zwar
weithin sichtbar ist, der eigentliche Grabschacht jedoch versteckt
liegt (z. B. Midasgrab). 3. Art: Das Grab ist ganz off en, aber
durch seine hohe Situation fast unerreichbar (paphlagonische
Graber, speziell Hambarkaja). Bei alien drei Typen ist aber
das Grab immer so gesichert wie moglich, und auch beim Konigs-
grabe wissen wir ja, dafi es durch einen vorzurollenden Stein zu
verschliefien war, und dafi diese ganze Verschlufivorrichtung aller
Wahrscheinlichkeit nach noch besonders kaschiert war. Im Norden
von Jerusalem, unweit der Richtergraber, ist vor nicht gar
langer Zeit eine ganze Nekropole aufgedeckt worden. Die Grab-
kammern derselben ordnen sich ohne Vorhallen um einen kleinen
Zentralraum mit Grabern, wahrend in den Mittelraumen der an-
gefiihrten Beispiele keine Graber sind, der von der Erdober-
flache aus durch einen Dromos zuganglich war. Dieser <J#6/uog
wurde nach erfolgter Bestattung, wie der jetzige Befund lehrt,
mit Erde angefiillt. Unsere beiden zitierten ,,Graber" haben
keine der oben angefiihrten Schutzvorrichtungen. Die grofie
Vorhalle und der grofie Vorhof im Gegenteil lenken noch be-
sonders die Aufmerksamkeit von Grabraubern auf sich.
Vom ,,K6nigsgrabe" speziell ware noch folgendes zu sagen:
Da hier, obgleich der Vorhof, in Obereinstimmung mit den
anderen geschilderten sogenannten Grabern sjteht, es immerhin
auffallig bleibt, dafi der Eingang in die eigentlichen Grab-
kammern sich nicht in der Mitte der Vorhalle befindet. Hinter
der Fassade ist nun zwar ein kleiner Raum (Fig. 24 e) mit einer
Vertiefung in der Mitte und einer Rinne von zwei Seiten. Ich
glaube kaum, dafi derselbe, besonders im Vergleiche mit den
eigentlichen Grabkammern, zu Beisetzungszwecken gedient hat.
Eine gewisse Ahnlichkeit mit den sogenannten ,,Stibadien"
Dalmans in Petra ist vorhanden. Auffallig ist noch die in der
Mitte der Vorderfassade befindliche Nische b, die 70 cm hoch,
45 cm breit und ebenso tief ist. Ihre Entfernung uber dem Erd-
boden betragt 70 cm. Der Sage nach soil dieselbe dazu ge-
dient haben, Brot aufzubewahren, das ein frommer Jude in Zeiten
der Hungersnot dort an das Volk verteilte. Das ist naturlich
nur eine Legende, denn in einer solchen kleinen Aushohlung
ware nur Platz fur Brot fur wenige Personen vorhanden.
Rechts davon 3,75 m entfernt und 2,25 m uber dem Boden der
Vorhalle bemerkt man noch eine andere kleine Nische c, die
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30 cm hoch, ebenso breit und ca. 12 cm tief ist. Durch die
Nische b bekommt diese Vorhalle cine gewisse Ahnlichkeit mit
den oben geschilderten Kultgrotten, an deren Boden sich Nischen
von ahnlicher Dimension befinden, und die dort aller Wahr-
scheinlichkeit nach den Naos der anzubetenden Gottheit dar-
stellen sollten.
Dafi ferner das ganze aufiere Konigsgrab zu Kultzwecken
gedient hat, wird auch noch dadurch wahrscheinlich, daB sich an
der breiten Treppe, die dazu hinabfiihrt, Zisternen mit Wasch-
vorrichtungen befinden, wie man sie zu den rituellen Waschungen
gebrauchte. Sollte wirklich die AuBenanlage nur als Schmuck
fiir das Grab der Konigin Helena von Adiabene gedient haben,
so ist es kaum wahrscheinlich, daB dort derartige religiose
Zeremonien gefeiert wurden, die rituelle Waschungen fiir eine
groBere Anzahl von Personen erforderten, wahrend die Hinter-
bliebenen der koniglichen Familie selber wohl kaum das Wasser
der Zisternen, das naturgemaB von zweifelhafter Sauberkeit ist,
benutzt haben werden.
Ferner scheint mir die Annahme, dafi verschiedene der
sogenannten ,,Graber" von Jerusalem ursprunglich keine Graber,
sondern Kultstatten waren, dadurch noch bestatigt zu werden,
daft ihr GrundriB auffallige Ahnlichkeit mit dem assyrischen
Tempel hat.
,,Wir konnen bei den vorderasiatischen Tempeln zwei Typen
unterscheiden: 1 )
1. Den altbabylonischen, der im Grundprinzip aus zwei
Cellen besteht, die beide breiter als tief sind. In der zweiten
Cella befindet sich ein gewaltiger Podest fiir die Gotterstatue
von einer ganz flachen und breiten Nische, den Tiiren gegen-
iiber. Zu dieser Klasse gehort der Tempel der Ninnah in
Babylon, dann auch der alte Assurtempel in Assur.
2. Der assyrische Tempel ersetzt die zweite breite Cella
durch eine tiefe, in der Langsachse liegende, und legt das
Podest vor der flachen Nische in eine ganz tiefe Nische; d. h.
der assyrische Tempel mit Vorhof, Breitcella, Langscella und
tiefer Nische entspricht genau der Gestalt des Grabes Fig. 22.
Bei der Abhangigkeit von Religion und Kult der Assyrer
1) Das Folgende verdanke ich den liebenswiirdigen Mitteilungen
E. Herzfelds.
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von Babylonian einerseits, bei der Abhangigkeit ihrer Architek-
tur und Kunst von den westlichen Nachbarlandern des hettiti-
schen Kulturkreises anderseits, kann man schwerlich annehmen,
dafi die Neuerung der Tempelanlage eine Initiative der Assyrer
sei. Vielmehr muB man erwarten, dafi die Vorbilder dafur in
den westlichen Landen einmal gefunden werden.
Soweit man den salomonischen Tempel begreifen kann,
nach Ezechiel XL und XLI, I. Kon. 6, II. Chron. 3, bestand er
hinter dem Vorhof aus einer Breitcella, in deren breitem Ein-
gange zwischen den Pilastern zwei Saulen standen, ferner aus
einer gleich breiten, aber doppelt so tiefen als breiten Haupt-
cella, und dahinter dem Allerheiligsten, das durch eine diinne
ZOm
Fig-. 25. Altes Hilani von Samal.
Fig. 26. Pallast von Phaistos.
Scheidewand mit schmaler Tiir von der Hauptcella geschieden
war; d. h. er unterschied sich vom assyrischen Tempel nur durch
die zwei Saulen in der Tiir, die weniger iiberragende Breite
der Vorcella und die Absonderung des Allerheiligsten. Diese
Trennung des Sanktissimum hat aber auch das Grab des Wadi
Nar, das also gerade zwischen assyrischem und salomonischem
Tempel die Mitte halt. Als abhangig vom assyrischen Tempel
kann man nun den salomonischen, der ja von einem tyrischen
Baumeister erbaut wurde, nicht betrachten, als erster judischer
Tempel kann er auch nicht jiidisch sein; man wird also aus
historischen Griinden darauf hingefuhrt, und das wird durch die
Saulenvorhalle archaologisch gestiitzt, dafi auch der salomonische
Tempel Beziehungen zu noch zu findenden Tempeln des hetti-
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tischen Kulturkreises besaB. Die Vorhallen mit Saulen sind
ein Charakteristikum der Palaste von Sendjirli, in denen Kolde-
wey das ,,bit Hilani" (Fig. 25) erkennt. 1 ) Da nun die be-
sprochenen Graber nicht ohne weiteres dem salomonischen
Tempel nachgebildet sein konnen, sondern in wichtigen Punkten
von ihm abweichen, so drangt sich der Gedanke auf, dafi sie
5m
Fig. 27. Grotte im Hinomtal.
dem beiderseitigen Vorbilde ganz nahe stehen, also nach dem
Muster liettitischer Tempel gemacht sind."
Ferner gehort hierhin noch eine Grotte im Hinnomtal
1) Auffallig ist auch, dafi der eine Teil des Palastes von Phaistos (Fig. 26)
nach demselben Prinzip konstruiert ist, dessen Vorhalle von der Treppe durch
eine Saule abgegrenzt ist, und wo auch beide dahinterliegende Kammern breiter
als tief sind. Bei den Beziehungen, die Evans zwischen dem Hettitern und
Kreta annimmt, ist es nicht unmoglich, dafi auch hier irgendwelche Zusammen-
hange sind. Ahnlichkeit ist ebenfalls vorhanden mit dem Megaron von Tyrins.
37
(Fig. 27 und 27 a), die ich diesen Sommer aufnahm. Die Mafie
der Kammer a sind genau, wahrend die Kammer b derart voll
Schutt und Erde liegt, dafi ich sie nicht messen konnte.
Fig-. 27 a.
Diese Anlage ist deutlich als Kultgrotte charakterisiert;
denn rechts und links von der Tiir befinden sich zahlreiche
kleine Nischen, die wir nur als Kultobjekte bezeichnen konnen.
Die Annahme, dafi es etwa Balkenlocher gewesen waren, ist
nicht haltbar; denn man sieht,
dafi der Eingang an den beiden
Stellen e e gut bearbeitet war,
mithin dort nichts wegge-
brochen ist und so die Balken
keine Widerlager gehabt
hatten. Aufierdem ware es
unsinnig, ca. 80 cm unter der
natiirlichen Felsdecke noch
eine Balkendecke einzuziehen.
(Ahnliche Kultnischen rechts
und links von der Tiir, je
fiinf, befinden sich in einer
Grotte bei Civita Castellana; vgl. R. E. E. S. Fig. 16 a und
Petra S. 144 Fig. 64.) Ebenfalls hierher gehort Chaznet-fir-un
in Petra (vgl. Fig. 28 im Text und P. S. 66 Fig. 60). Die Aus-
einandersetzungen Dalmans 1. c., dafi es sich hier um ein Grab
handelt, sind seiner eigenen Schilderung nach nicht haltbar, da
10m
Fig. 28. Petra: Chaznet Firun.
38
sich auch in den Nebenkammern keine Spuren von Grabern
gefunden haben. Wahrscheinlich gehort hierzu auch der so-
genannte Gartentempel in Petra, ferner das Heiligtum des
Burgberges (P. S. 277 Fig. 219). Da diese Anlage einer ganz
spaten Zeit entstammt, ist wohl die urspriingliche Scheidewand
nur noch in den beiden Pilastern vorhanden, die an und fiir
.sich architektonisch ganz unmotiviert sind. Denken wir uns
.an ihre Stelle eine Querwand, deren Rudiment die Pilaster noch
darstellen, so haben wir auch hier wieder die breite erste und
die tiefe zweite Cella.
Ferner Petra S. 42 Fig. 36 die sogenannte Graberanlage bei
el-beda. Nach Dalman ist dies eine Grabanlage; Graber hat
Fig. 29. Pavilion von Medinet-
Habu.
Fig. 30. Etruskischer Tempel
aus Florenz.
er jedoch in den Seitenkammern auch nicht gefunden. Ober-
dies vermiBt man ganzlich Plane der Graber auf S. 325 ff.
Wenn wir bei Erorterung des ersten Typus die Moglichkeit
einer Verwandtschaft mit den Kultraumen der Mastaba erwahnt
haben, so wiirde fur den zweiten Typ auch der Pavilion von
Medined-Habu (Fig. 29) in Betracht kommen, von dem schon
Vincent (S. 780) ganz richtig bemerkt, dafi er wohl tiefere Be-
deutung habe und nicht nur aus einer koniglichen Laune ent-
standen sei. Auf dem Boden Kanaans finden wir auch ein
ahnliches Heiligtum, bei Tell es-Sofy (Vincent S. 104 Fig. 71, 72).
Der Hauptraum und die dahinterliegende flache und breite Cella
weisen denselben Charakter auf. Endlich ist noch zu erwahnen,
dafi auch der etruskische Tempel aus Florenz (vgl. H. Degering,
t)ber etruskische Tempelbauten S. 163 Fig. 16 und Fig. 30
unseres Textes) dasselbe Grundschema aufweist.
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In Anbetracht dieser frappanten Ahnlichkeit unserer ,,Graber"
mit den anderen Sakralbauten auf vorderasiatischem Boden
wurde es doch sehr merkwiirdig sein, wenn diese erstere eben
nur als Graber und nicht auch irgendwie zu Kulthandlungen
gedient batten. Gelegentlich meines Vortrages in der Palastina-
Forschungs-Gesellschaft sagte GreSmann in der Diskussion, dafi
es sich ja um Kulthandlungen gehandelt haben konnte, dafi
jedoch das Kultobjekt das Grab einer heiligen Personlich-
keit gewesen ware, wie es ja tatsachlich drei resp. vier Graber
in den oben als Beispiel zitierten Anlagen gibt. Dagegen kann
ich nur wieder einwenden, dafi 1. diese Graber nicht am Haupt-
platze der Anlage sind, speziell bei Fig. 23, ferner, falls diese
Graber wirklich der Zentralpunkt der ganzen Anlagen gewesen
waren, sie doch wahrscheinlich sorgfaltiger ausgefiihrt worden
waren, etwa in der Art der Graber des ,,K6nigsgrabes".
Zum Schlusse kommt noch fiir unsere Zwecke hier eine
Stelle bei Ezechiel in Betracht, der augenscheinlich die religiosen
Verhaltnisse seiner Zeit gut gekannt hat, da sich seine Polemik
grofitenteils gegen die Abgotterei richtet. In Kapitel 8 wird
der Prophet in einer Vision nach Jerusalem entriickt, und zwar
fiihrt ihn der Geist des Herrn nach Jerusalem an das Tor,
,,welches gegen Mitternacht steht" (Vers 3). Es ist dies un-
gefahr die Lage, in der unsere Graber liegen.
Vers 7 lautet: ,,Da brachte er mich an die Tiire des Vor-
hofes, und siehe es war ein Loch in der Wand." Das ware auf
Fig. 22 iibertragen, wenn man das grofie, offene Tor der Halle c, c
sieht und in ihrer Hinterwand die kleine Offnung die nach d
hereinfuhrt.
Vers 8: ,,Und er sprach zu ihr: ,Stofi durch die Wand durch',
und als ich durch die Wand stiefi, befand sich da eine Tiire."
Wie mir von Hebraisten gesagt wurde, ist dieses Hindurchstofien
im Texte der van Efischen Bibeliibersetzung so aufzufassen, dafi
es sich dabei um ein schnelles Durchdringen (Hineindringen)
handelt.
Es ist natiirlich, wenn man durch eine solche lochartige
Offnung, die nur 1 m hoch und ebenso tief ist, in gebiickter
Stellung hindurch mufi, man unwillkiirlich in eine schnellere Be-
wegung gerat und gewissermafien hineinschiefit, stofit.
Diese Tiire ist an der Innenseite dieses Loches zu denken:
Sowie er hereingeht, sieht er dann (Vers 10) allerlei Gotzen-
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bilder, vor denen die Altesten des Volkes mit Rauchfassern
stehen. Es heifit dann waiter im Vers 12: ,,Siehst du, was die
Altesten im Finstern treiben?"
Damit fallt auch die Ansicht von Dalman (N. P. S. 68)
dafi fur Kultbilder in der Finsternis kein passender Platz ware,
da in Vers 10 ausdrucklich von allerlei Bildern und Gotzen usw.
geredet ist. Dafi in Vers 7 nicht der Vorhof des Tempels etwa
gemeint ist, geht daraus hervor, dafi in Vers 16 noch einmal
davon geredet wird, ,,dafi der Herr den Propheten jetzt in den
Vorhof des Hauses des Herrn fuhrt". Endlich ware noch der
Anfang der oben zitierten Stelle bei Ezech. 16, 24 zu erwahnen
,,Bautest du dir Bergkirchen usw.", die auch auf einen Kult in
kiinstlichen Grotten schliefien lafit.
Herrose & Ziemscn, G. m. b. H., Wittenberg.
UNIVERSITY OF CHICAGO
Herros6 & Ziemsen, G. m. b. H., Wittenberg.